Publié le 11 mai 2024

Der Schlüssel zu neuen Bestzeiten für fortgeschrittene Athleten liegt nicht in härterem Training, sondern in der systematischen Beseitigung von Energieverschwendung.

  • Eine um 10 % verbesserte Laufökonomie kann die Marathonzeit um über 20 Minuten verkürzen – bei identischer kardiovaskulärer Fitness.
  • Gezielte Technikdrills und eine verbesserte intermuskuläre Koordination sind oft wirkungsvollere biomechanische Hebel als reiner Kraftzuwachs.

Empfehlung: Beginnen Sie damit, Ihre Bewegung systematisch zu analysieren, um persönliche « Energiefresser » zu identifizieren und gezielt zu eliminieren, anstatt pauschal das Trainingsvolumen zu erhöhen.

Für ambitionierte Ausdauersportler in Deutschland ist es ein bekanntes und frustrierendes Szenario: Die Trainingspläne werden akribisch befolgt, die Kilometerumfänge steigen, und doch stagniert die Leistung. Man trainiert härter, aber wird nicht schneller. Die üblichen Ratschläge – mehr Intervalle, längere Einheiten, noch mehr Disziplin – führen oft nur in die Überlastung, nicht zu neuen Bestzeiten. Der Fokus liegt fast ausschließlich auf der Steigerung der physiologischen Kapazität, also der « Motorleistung » wie der VO2max.

Doch was, wenn der limitierende Faktor nicht die Stärke des Motors ist, sondern die Effizienz des gesamten Systems? Hier kommt das Konzept der Bewegungsökonomie ins Spiel. Es ist der entscheidende, aber oft vernachlässigte Faktor, der erklärt, warum manche Athleten bei gleichem Puls und Sauerstoffverbrauch mühelos schneller sind als andere. Es geht nicht darum, mehr Energie zu produzieren, sondern darum, weniger Energie zu verschwenden. Die Annahme, dass man einfach nur fitter werden muss, übersieht die gewaltigen Potenziale, die in der Optimierung der Bewegungsabläufe selbst schlummern.

Dieser Artikel bricht mit dem Mantra des « härter, härter, härter ». Wir verfolgen den Ansatz eines Performance-Coaches und betrachten Sie als Ingenieur Ihres eigenen Körpers. Statt blinder Wiederholungen von Standardübungen, enthüllen wir die biomechanischen Hebel und Prinzipien, die Ihrer Effizienz zugrunde liegen. Sie lernen, wie Sie Ihre Bewegung systematisch analysieren, « Energiefresser » identifizieren und Ihren persönlichen Bewegungscode neu kalibrieren können. Das Ziel ist es, messbar mehr Geschwindigkeit aus jedem Herzschlag und jedem Watt Leistung herauszuholen – indem Sie smarter, nicht härter, trainieren.

Um dieses komplexe Thema greifbar zu machen, gliedert sich dieser Leitfaden in präzise, aufeinander aufbauende Abschnitte. Wir werden die Grundlagen definieren, die Auswirkungen quantifizieren und Ihnen konkrete, umsetzbare Strategien für Laufen und Radfahren an die Hand geben.

Was ist Bewegungsökonomie und wie unterscheidet sie sich von reiner Fitness?

Bewegungsökonomie ist ein Maß für die Effizienz, mit der ein Athlet Bewegungsenergie in Vortrieb umwandelt. Einfach ausgedrückt: Wie viel Sauerstoff (und damit Energie) benötigen Sie, um eine bestimmte Geschwindigkeit zu halten? Ein Sportler mit hoher Bewegungsökonomie verbraucht bei gleichem Tempo weniger Energie als ein unökonomischer Athlet. Dies ist der entscheidende Unterschied zur reinen Fitness, die oft mit der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) gleichgesetzt wird. Während die VO2max die Größe Ihres Motors beschreibt, gibt die Bewegungsökonomie an, wie effizient dieser Motor läuft.

Zwei Athleten können identische VO2max-Werte haben, aber völlig unterschiedliche Leistungen erbringen. Der ökonomischere Athlet wird bei submaximalen Belastungen, wie sie für Langstreckendisziplinen typisch sind, immer im Vorteil sein, da er seine Energiereserven langsamer aufbraucht. Der Unterschied kann enorm sein; aktuelle Analysen zeigen Unterschiede von bis zu 30 % in der Laufökonomie bei Eliteläufern mit ähnlicher VO2max. Diese Differenz ist nicht primär genetisch bedingt, sondern das Ergebnis jahrelanger Optimierung von Biomechanik und neuromuskulärer Ansteuerung.

Die Verbesserung der Bewegungsökonomie setzt an vier zentralen biomechanischen Hebeln an:

  • Schrittlänge und -frequenz: Das Finden des optimalen, individuellen Verhältnisses, um « Bremskräfte » beim Fußaufsatz zu minimieren.
  • Metabolische Effizienz: Die Fähigkeit des Körpers, die im Stoffwechsel bereitgestellte chemische Energie möglichst verlustfrei in mechanische Arbeit umzusetzen.
  • Biomechanische Effizienz: Die Minimierung unnötiger vertikaler oder seitlicher Bewegungen. Jeder Zentimeter, den sich der Körper nicht nach vorne bewegt, sind energetische Kosten ohne Leistungs-Output.
  • Intermuskuläre Koordination: Das präzise Zusammenspiel aller beteiligten Muskeln, um die Kraftübertragung zu maximieren und antagonistische Muskelarbeit zu reduzieren.

Für fortgeschrittene Athleten, deren VO2max-Potenzial weitgehend ausgeschöpft ist, stellt die Verbesserung der Bewegungsökonomie den wichtigsten Hebel für weitere Leistungssteigerungen dar. Es ist der Übergang von reiner Kraft zu intelligenter Technik.

Warum ökonomische Läufer bei gleicher VO2max 10% schneller im Marathon sind?

Der Marathon ist das Paradebeispiel für die Überlegenheit der Ökonomie über die reine Motorleistung. Auf einer Distanz von 42,195 Kilometern entscheidet nicht, wer die höchste Spitzenleistung erbringen kann, sondern wer seine Energie am effizientesten über Stunden einteilt. Der Unterschied zwischen einem guten und einem exzellenten Marathonläufer liegt oft weniger im Herzen und in der Lunge (VO2max) als vielmehr in den Beinen und der Bewegungskoordination.

Konkrete Zahlen verdeutlichen dies eindrucksvoll: Messungen des deutschen Leistungsdiagnostik-Anbieters HYCYS zeigen, dass Eliteläufer eine Laufökonomie von 8-11 ml/min/kgm/s aufweisen, während ambitionierte Hobbyläufer oft Werte von 14-16 ml/min/kgm/s haben. Das bedeutet, der Hobbyläufer verbraucht bei gleicher Geschwindigkeit fast doppelt so viel Sauerstoff. Dieser Unterschied ist ein enormer energetischer Nachteil, der sich über die Marathondistanz potenziert.

Vergleich zweier Marathonläufer mit unterschiedlicher Laufökonomie beim Berlin Marathon
Rédigé par Katharina Berger, Katharina Berger ist staatlich anerkannte Physiotherapeutin und seit 11 Jahren auf Sportphysiotherapie und Biomechanik im Lauf- und Radsport spezialisiert. Als Inhaberin einer sportwissenschaftlichen Praxis in München mit Schwerpunkt Bewegungsanalyse betreut sie Athleten bei Verletzungsprävention, Technikoptimierung und Return-to-Sport nach Überlastungsschäden.