Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Die Wettkampfleistung eines Athleten hängt weniger von kurzfristiger Motivation ab, sondern von der Qualität der im Vorfeld geschaffenen Betreuungs-Architektur.

  • Proaktives Management von Zeitfenstern, Ernährung und Logistik minimiert den mentalen Stress des Sportlers.
  • Eine durchdachte Umgebung (Aufwärmzone, Ruhebereiche) ist entscheidender als einzelne Ratschläge in letzter Minute.

Empfehlung: Verlagern Sie den Fokus von reaktiver Versorgung auf den Aufbau eines störungsfreien Korridors, der dem Athleten volle Konzentration auf den Wettkampf ermöglicht.

Jeder Trainer und Betreuer kennt diesen frustrierenden Moment: Der Athlet ist topfit, die Trainingswerte stimmen, doch am Wettkampftag bleibt die Leistung aus. Oft wird dann nach Ursachen in der unmittelbaren Vorbereitung gesucht. Man spricht über die richtige Ernährung oder das perfekte Aufwärmen. Diese Elemente sind zweifellos wichtig, aber sie sind nur Teile eines größeren Puzzles. Die gängige Vorstellung von Athletenbetreuung als reine Serviceleistung – Wasser reichen, Zeiten durchgeben, aufmunternde Worte zurufen – greift zu kurz.

Der entscheidende Hebel für Spitzenleistungen liegt tiefer. Was wäre, wenn der Schlüssel nicht in einzelnen Maßnahmen, sondern in einem lückenlosen System liegt? Der wahre Faktor ist die Schaffung einer durchdachten Performance-Architektur. Dieser Ansatz zielt darauf ab, den Athleten kognitiv vollständig zu entlasten. Jede Entscheidung, die nichts mit dem unmittelbaren sportlichen Ablauf zu tun hat, wird ihm abgenommen. Der Athlet soll sich in einem störungsfreien Korridor bewegen, in dem seine gesamte mentale und physische Energie ausschließlich auf den Wettkampf fokussiert ist. Der Betreuer wird vom Versorger zum Architekten, der das gesamte Umfeld proaktiv gestaltet.

Dieser Artikel führt Sie durch die zentralen Bausteine dieser Performance-Architektur. Wir zeigen Ihnen, wie Sie durch systematisierte Abläufe und strategisches Management die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen Ihre Athleten am Tag X verlässlich ihre absolute Bestleistung abrufen können.

Für alle, die einen visuellen Einblick in die wissenschaftlichen Grundlagen der Leistungssteigerung bevorzugen, bietet das folgende Video eine hervorragende Ergänzung zu den praktischen Strategien in diesem Leitfaden. Es beleuchtet, wie der Körper auf extreme Belastungen reagiert und welche physiologischen Anpassungen für die Performance entscheidend sind.

Um die verschiedenen Facetten der optimalen Athletenbetreuung systematisch zu beleuchten, gliedert sich dieser Leitfaden in acht Kernbereiche. Jeder Abschnitt widmet sich einem spezifischen Aspekt, von der zeitlichen Planung über die Umgebungsgestaltung bis hin zur mentalen und physischen Nachbereitung.

Welche Betreuungsmaßnahmen in welchen Zeitfenstern um den Wettkampf kritisch sind?

Eine erfolgreiche Athletenbetreuung ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis einer präzisen Choreografie. Der Schlüssel liegt darin, den Wettkampftag und die unmittelbare Vorbereitung in kritische Zeitfenster zu unterteilen und für jede Phase die passenden Unterstützungsmaßnahmen zu definieren. Das Ziel ist die kognitive Entlastung des Athleten: Er soll nicht über organisatorische Details nachdenken müssen, sondern sich voll auf seinen Körper und den bevorstehenden Wettkampf konzentrieren können. Diese strukturierte Herangehensweise schafft Sicherheit und minimiert unvorhersehbaren Stress.

Eine strategische Einteilung in Phasen ist hierbei unerlässlich. Die Vor-Vorbereitungsphase dient der klaren Kommunikation aller Abläufe, um Unsicherheiten von vornherein auszuschließen. Am Wettkampftag selbst sorgt eine detaillierte Struktur mit eingeplanten Pufferzeiten für einen reibungslosen Ablauf. Die Phase des Einfahrens und die unmittelbare Zeit vor dem Start haben dann spezifische mentale und physische Ziele, die durch die Betreuung unterstützt werden müssen. Es geht darum, eine proaktive Performance-Architektur zu errichten, die den Athleten sicher durch den Tag leitet.

Fallstudie: Strukturiertes Betreuungssystem der deutschen Olympiamannschaft 2024

Die Bedeutung einer präzisen Zeitplanung in der Athletenbetreuung wurde bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris deutlich. Das deutsche Team, bestehend aus 454 Athleten, wurde von Chef de Mission Olaf Tabor betreut. Die Nominierung der Sportler erfolgte in vier klar definierten Phasen zwischen Mai und Juli 2024. Besonders die finale Nominierung der 81 Leichtathleten erst am 5. Juli zeigt, wie wichtig eine gestaffelte und strukturierte Herangehensweise ist, um bis zum Schluss Klarheit und Fokus für alle Beteiligten zu gewährleisten. Dieses System minimiert Unsicherheiten und erlaubt eine gezielte Vorbereitung.

Um diese Phasen praktisch umzusetzen, sollten Betreuer eine klare Checkliste für die jeweiligen Zeitfenster entwickeln. Laut den Experten des Deutschen Skiverbandes (DSV) sind vier Phasen entscheidend, um Athleten optimal auf den Start vorzubereiten. Ein detaillierter Zeitplan, der vom Team gemeinsam erarbeitet und verinnerlicht wird, ist die Grundlage für einen störungsfreien Wettkampftag. Dabei geht es nicht um starre Vorgaben, sondern um einen verlässlichen Rahmen, der dem Athleten Orientierung gibt.

Die kritischen Phasen und ihre Betreuungsmaßnahmen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Phase 1 (Vor-Vorbereitung): Eine klare und transparente Kommunikation über alle Renngeschehnisse und detaillierte Abläufe schafft Vertrauen und nimmt dem Athleten die mentale Last der Organisation.
  • Phase 2 (Struktur am Wettkampftag): Die Planung von ausreichenden Pufferzeiten für unvorhergesehene Ereignisse, aber auch für fixe Punkte wie Essen, Material-Checks und Toilettengänge, verhindert Hektik.
  • Phase 3 (Einfahren/Aufwärmen): Hier steht das mentale Ziel im Vordergrund, ein gutes Bewegungsgefühl zu entwickeln. Die Visualisierung von kraftvollen, sauberen Bewegungen ist ein zentrales Werkzeug.
  • Phase 4 (Unmittelbar vor dem Start): In dieser hochsensiblen Phase ist die Minimierung von Ablenkungen entscheidend. Die Nähe zur gewohnten „Herde“ – dem Team und den Betreuern – bietet dem Athleten eine wichtige Struktur und emotionale Sicherheit, wie es eine Analyse des Deutschen Skiverbandes hervorhebt.

Indem Sie diese Zeitfenster systematisch managen, errichten Sie einen Schutzschild um den Athleten und ermöglichen ihm, seine gesamte Energie auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt: die Performance.

Wie Sie eine funktionale Aufwärmzone für 200 Athleten ausstatten?

Bei Großveranstaltungen ist die Aufwärmzone oft ein Nadelöhr und eine signifikante Stressquelle. Eine überfüllte, unstrukturierte Fläche verhindert nicht nur ein adäquates physisches Aufwärmen, sondern belastet die Athleten auch mental. Eine funktionale Aufwärmzone ist daher ein zentraler Baustein der Performance-Architektur. Anstatt nur eine leere Halle bereitzustellen, muss der Organisator den Raum proaktiv gestalten und in logische Funktionsbereiche unterteilen. Dies ermöglicht es 200 Athleten, ihre individuellen Routinen parallel und ohne Störungen durchzuführen.

Der Schlüssel liegt in der Zonierung. Unterschiedliche Aktivitäten erfordern unterschiedliche Bedingungen. Ein Athlet, der sich mental fokussieren will, braucht Ruhe und persönlichen Raum. Jemand, der dynamische Dehnübungen macht, benötigt freie Fläche. Eine klare Trennung dieser Bereiche durch Bodenmarkierungen, mobile Trennwände oder eine logische Anordnung des Equipments schafft Ordnung und einen reibungslosen Ablauf. Die visuelle Struktur hilft den Athleten, sich intuitiv zu orientieren und reduziert die kognitive Last der Raumsuche.

Strukturierte Aufwärmzone mit verschiedenen Trainingsbereichen für Athleten

Wie die obige Abbildung einer idealen Aufwärmzone zeigt, ist die Organisation des Raumes entscheidend. Klare Wegeführungen zwischen den Zonen verhindern Kollisionen und Staus. Die Ausstattung sollte minimalistisch, aber zweckmäßig sein, um den Fokus auf die Bewegung zu lenken. Eine solche Umgebung signalisiert Professionalität und Wertschätzung gegenüber den Athleten und trägt maßgeblich zu einem Gefühl der Kontrolle und Sicherheit bei.

Um die Planung einer solchen Zone zu konkretisieren, hilft eine Aufteilung nach spezifischen Anforderungen. Die folgende Tabelle, basierend auf einer vergleichenden Analyse für Großveranstaltungen, bietet einen praxisnahen Leitfaden für die Zoneneinteilung.

Zoneneinteilung für Aufwärmbereiche bei Großveranstaltungen
Zone Fläche pro Athlet Ausstattung Kapazität
Ruhezone 2-3 m² Matten, Decken 50 Athleten
Dynamisches Aufwärmen 4-5 m² Freifläche, Markierungen 40 Athleten
Kraftaktivierung 3-4 m² Bänder, leichte Gewichte 30 Athleten
Mentale Vorbereitung 2 m² Ruhige Ecken, Sichtschutz 20 Athleten

Letztendlich ist eine gut organisierte Aufwärmzone mehr als nur ein Raum – sie ist das erste sichtbare Zeichen einer professionellen Betreuung, das dem Athleten signalisiert: Hier wurde an alles gedacht, du kannst dich auf dich konzentrieren.

Wettkampfverpflegung oder Alltagsernährung: Was Sie Athleten wann anbieten sollten?

Die Ernährungsstrategie rund um einen Wettkampf ist ein Balanceakt. Während die alltägliche Ernährung auf eine langfristige Gesundheit und Trainingsanpassung abzielt, ist die Wettkampfverpflegung ein hochspezifisches Werkzeug zur kurzfristigen Leistungsmaximierung. Als Betreuer ist es Ihre Aufgabe, diesen Übergang zu managen und sicherzustellen, dass der Athlet zur richtigen Zeit die richtige Energiequelle erhält. Die größte Falle ist, beide Konzepte zu vermischen oder zu spät mit der Anpassung zu beginnen. Der Fokus muss auf Verträglichkeit und schneller Verfügbarkeit der Nährstoffe liegen.

Die Umstellung beginnt nicht erst am Wettkampftag. Experten betonen, dass die letzten 48 Stunden vor dem Wettkampf eine besonders kritische Phase für die Ernährungsumstellung darstellen. In dieser Zeit sollte der Fokus weg von ballaststoffreichen, komplexen Mahlzeiten und hin zu leicht verdaulichen Kohlenhydratquellen gelenkt werden. Das Ziel ist es, die Glykogenspeicher maximal zu füllen (Carboloading), ohne den Verdauungstrakt zu belasten. Jedes Experiment mit neuen Lebensmitteln oder Riegeln ist in dieser Phase tabu und ein unnötiges Risiko.

Eine strukturierte Ernährungsstrategie für die gesamte Wettkampfwoche bietet Athleten die notwendige Sicherheit und stellt eine optimale Energieversorgung sicher. Dieser Plan sollte die schrittweise Anpassung der Nährstoffzusammensetzung klar definieren:

  1. 7 Tage vorher: Die Ernährung bleibt normal und ausgewogen, eventuell mit einer leichten Erhöhung des Kohlenhydratanteils, um den Körper auf die Umstellung vorzubereiten.
  2. 3-4 Tage vorher: Jetzt beginnt das gezielte Carboloading. Die Zufuhr wird auf 8-10 Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht erhöht.
  3. 48 Stunden vorher: Um den Magen-Darm-Trakt zu schonen, werden Ballaststoffe (z. B. aus Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, viel Rohkost) und schwer verdauliche, fettreiche Lebensmittel deutlich reduziert.
  4. Am Wettkampftag: Die letzte große Mahlzeit sollte 3-4 Stunden vor dem Start eingenommen werden. Danach sind nur noch kleine, leicht verdauliche Snacks wie eine Banane, ein Weißbrot mit Honig oder ein spezieller Sport-Riegel erlaubt, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten.

Als Betreuer sind Sie der Architekt dieser Strategie. Ihre Aufgabe ist es, den Plan vorzugeben, die Verfügbarkeit der richtigen Lebensmittel sicherzustellen und den Athleten vor kurzfristigen Fehlentscheidungen zu schützen. So stellen Sie sicher, dass die Energie genau dann verfügbar ist, wenn sie gebraucht wird.

Die 3 Betreuungsfehler, die Athleten kurz vor dem Start demotivieren?

Die letzten Minuten vor dem Start sind eine Phase extremer Anspannung. In diesem hochsensiblen Zeitfenster können selbst gut gemeinte Ratschläge oder Handlungen eines Betreuers das Gegenteil bewirken und die über Wochen aufgebaute Konzentration zerstören. Die Aufgabe des Betreuers ist es hier, einen störungsfreien Korridor zu schaffen und zu verteidigen. Statt aktiv zu „helfen“, geht es oft darum, Störfaktoren proaktiv zu eliminieren und dem Athleten durch eingespielte Routinen Sicherheit zu geben.

Einer der häufigsten Fehler ist die Informationsflut durch widersprüchliche Anweisungen. Wenn verschiedene Betreuer oder Organisatoren in letzter Minute unterschiedliche Informationen zu Startzeiten, Wetterbedingungen oder Taktik geben, erzeugt das massive Verwirrung und untergräbt das Vertrauen.

Fehleranalyse aus der Praxis: Kommunikation beim Marathon

Bei einer Analyse deutscher Marathonveranstaltungen 2024 wurde die Kommunikation in der letzten Stunde vor dem Start als besonders kritisch identifiziert. Athleten berichteten von erheblicher Verwirrung, die durch widersprüchliche Informationen von verschiedenen Betreuern entstand. Die erfolgreichsten Teams umgingen dieses Problem, indem sie einen einzigen, klar designierten Kommunikationsverantwortlichen einsetzten, der alle relevanten Informationen filterte und gebündelt an den Athleten weitergab. Dies schaffte Klarheit und Ruhe.

Die drei gravierendsten Betreuungsfehler kurz vor dem Start sind:

  1. Last-Minute-Taktikänderungen: Neue Anweisungen oder technische Korrekturen kurz vor dem Startschuss verunsichern den Athleten fundamental. Die Wettkampfstrategie sollte längst verinnerlicht sein. Die Vorstartphase dient nur noch der Aktivierung, nicht dem Lernen.
  2. Übertriebener emotionaler Zuspruch: Hektisches Klatschen, laute Anfeuerungsrufe oder übertriebener Optimismus („Das wird heute dein Tag!“) können den Athleten aus seiner Konzentrationsblase reißen. Viele Sportler benötigen in dieser Phase Ruhe und Fokus, keine externe Aufregung.
  3. Ignorieren der persönlichen Routine: Jeder Athlet hat seine eigene, über Jahre entwickelte Vorstartroutine. Diese Abläufe zu unterbrechen, sei es durch ein gut gemeintes Gespräch oder eine organisatorische Änderung, kann die mentale Vorbereitung empfindlich stören und Nervosität auslösen.
Betreuer und Athlet in stressiger Vorstartsituation mit sichtbarer Anspannung

Die Anspannung, die durch solche Fehler entsteht, ist oft nonverbal sichtbar, wie das Bild oben illustriert. Es ist die Aufgabe des Betreuers, solche Situationen zu erkennen und zu deeskalieren. Der Schutz der mentalen Verfassung des Athleten hat oberste Priorität. Viele Athleten arbeiten deshalb eng mit Experten zusammen, um mit diesem Druck umzugehen. Wie das EVO Fitness Magazin hervorhebt:

Athleten arbeiten oft mit Sportpsychologen zusammen, um individuelle Strategien zu entwickeln, die ihnen helfen, mit dem Wettkampfdruck umzugehen

– EVO Fitness Magazin, Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele

Ihre Rolle als Betreuer ist die eines Wächters: Sie schützen den Fokus des Athleten vor allen äußeren und inneren Störungen und ermöglichen ihm so, mit einem klaren Kopf an die Startlinie zu treten.

Wie Sie in den 60 Minuten nach dem Zieleinlauf optimale Athletenbetreuung bieten?

Die Betreuung endet nicht mit dem Überqueren der Ziellinie. Die erste Stunde nach dem Wettkampf, oft als „Golden Window“ bezeichnet, ist entscheidend für die physische und emotionale Regeneration des Athleten. In diesem Zeitfenster ist der Körper besonders aufnahmefähig für Nährstoffe, und der Geist verarbeitet die unmittelbaren Eindrücke des Rennens. Eine systematisierte Nachbereitung ist hier kein Luxus, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Performance-Architektur, der die Weichen für die nächste Trainingseinheit oder den nächsten Wettkampf stellt.

Unmittelbar nach dem Ziel sind Athleten oft in einem Zustand der Erschöpfung und emotionalen Überwältigung. Sie sind nicht in der Lage, rationale Entscheidungen über ihre Regeneration zu treffen. Hier ist das proaktive Management des Betreuers gefragt. Statt den Athleten sich selbst zu überlassen, muss ein klar strukturierter Ablauf eingeleitet werden. Dieser reicht von der emotionalen „Ersten Hilfe“ über die gezielte Nährstoffzufuhr bis hin zum strukturierten Cool-Down. Der Bedarf an professioneller Begleitung in dieser Phase ist hoch, was auch die Zahlen von Athleten Deutschland e.V. belegen. Die hohe Zahl von 171 Ratgesuchen von Athleten allein im Jahr 2024 zeigt, dass viele Sportler nach dem Wettkampf Unterstützung und Orientierung suchen.

Eine effektive Betreuung in der ersten Stunde nach dem Wettkampf folgt einem klaren Zeitplan, der alle wichtigen Aspekte der Regeneration abdeckt.

Ihr Plan für das „Golden Window“ der Regeneration

  1. Minute 1-10: Emotionale Erste Hilfe: Nehmen Sie den Athleten in Empfang, gratulieren Sie ihm (unabhängig vom Ergebnis) und bieten Sie sofort Getränke zur Rehydrierung an. Schirmen Sie ihn vor zu viel Trubel ab.
  2. Minute 10-20: Erste Nahrungsaufnahme: Stellen Sie einen Recovery-Shake mit einem idealen Kohlenhydrat-Protein-Verhältnis von etwa 3:1 bereit. In diesem Zeitfenster kann der Körper die Nährstoffe am besten aufnehmen.
  3. Minute 20-30: Physischer Komfort: Begleiten Sie den Athleten zu einem ruhigen Ort für einen schnellen Kleidungswechsel in trockene Sachen. Leichte, erste Dehnübungen können hier stattfinden.
  4. Minute 30-45: Strukturiertes Cool-Down: Leiten Sie eine leichte, regenerative Bewegungseinheit an (z. B. lockeres Auslaufen oder Ausfahren auf der Rolle), um den Laktatabbau zu fördern.
  5. Minute 45-60: Kurzes Debriefing: Führen Sie ein kurzes (max. 5 Minuten) Gespräch über den Wettkampf. Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf positive Aspekte und den persönlichen Einsatz, um die emotionale Verarbeitung positiv zu starten.

Indem Sie diesen Prozess standardisieren, nehmen Sie dem Athleten erneut die kognitive Last ab und stellen sicher, dass die Regeneration professionell und effizient eingeleitet wird. Dies ist der letzte, aber entscheidende Baustein eines erfolgreichen Wettkampftages.

Mental-Vorbereitung Woche -1:Rennradfahren, Laufen oder Mountainbiken: Welche Ausdauersportart passt zu Ihrem Profil?

Unabhängig davon, welche Ausdauersportart zu einem Athletenprofil passt, ist die finale Woche vor dem Wettkampf – die Tapering-Phase – für alle Disziplinen eine kritische Zeit. Hier verschiebt sich der Fokus des Betreuerteams von physischem Training zu strategischem Management und mentaler Unterstützung. Während das Trainingsvolumen reduziert wird, um dem Körper die vollständige Regeneration zu ermöglichen, steigt bei vielen Athleten die Nervosität. Die Rolle des Betreuers ist es, in dieser Phase externe Stressfaktoren wie Medienanfragen oder familiäre Verpflichtungen aktiv zu managen und eine Atmosphäre der Ruhe und des Vertrauens zu schaffen.

Die Betreuung in der Tapering-Woche unterscheidet sich je nach Sportart in ihren Details, aber nicht in ihren Grundprinzipien. Während ein Radfahrer in dieser Phase intensive Unterstützung beim finalen Material-Check und der Logistik benötigt, liegt der Fokus bei einem Läufer vielleicht stärker auf physiotherapeutischen Maßnahmen zur Sicherstellung der Regeneration. Ein Schwimmer hingegen profitiert von letzten Technik-Feinschliffen mit dem Trainer. Die gemeinsame Klammer ist die psychologische Unterstützung. Der Betreuer muss dem Athleten das Vertrauen vermitteln, dass die Reduzierung des Trainings genau der richtige Weg ist und kein Formverlust droht.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Betreuerteams in der letzten Woche gehören:

  • Management externer Stressfaktoren: Anfragen von Medien, Sponsoren oder der Familie sollten gefiltert und auf ein Minimum reduziert werden. Der Athlet benötigt einen geschützten Raum.
  • Finale Material-Checks: Gemeinsam mit dem Athleten wird das gesamte Wettkampfmaterial ein letztes Mal überprüft. Dies schafft Sicherheit und vermeidet böse Überraschungen am Wettkampftag.
  • Abstimmung der Reiselogistik: Alle Details der Anreise, Unterkunft und der Abläufe vor Ort müssen final geklärt und kommuniziert sein, sodass der Athlet sich um nichts mehr kümmern muss.
  • Psychologische Begleitung des Taperings: Aktives Zuhören und das Bestärken des Athleten in der Strategie sind essenziell. Es geht darum, Zweifel auszuräumen und die Vorfreude auf den Wettkampf zu stärken.

In dieser Phase agiert der Betreuer weniger als Trainer, sondern mehr als ein Stabilitätsanker, der dem Athleten hilft, ausgeruht, fokussiert und selbstbewusst an den Start zu gehen.

Die 3 Ernährungsfehler 48 Stunden vor dem Wettkampf, die Ihre Leistung kosten?

Die letzten 48 Stunden vor einem Wettkampf sind die entscheidende Phase des Carboloadings. Hier werden die Glykogenspeicher aufgefüllt, um maximale Energie für den Wettkampftag bereitzustellen. Doch genau hier lauern auch die größten Fehler, die die gesamte Vorbereitung zunichtemachen können. Es geht nicht darum, wahllos Kohlenhydrate zu konsumieren, sondern um eine präzise, gut verträgliche Strategie. Jedes Magenproblem oder jede unnötige Wassereinlagerung in dieser Phase ist ein direktes Leistungsrisiko. Als Betreuer müssen Sie diesen Prozess überwachen und den Athleten vor drei klassischen Fehlern bewahren.

Der erste und häufigste Fehler ist ein übermäßiges oder falsches Carboloading. Viele Athleten interpretieren „Carboloading“ als Freifahrtschein für riesige Portionen Pasta und Pizza. Dies führt oft zu Völlegefühl, Verdauungsproblemen und unnötiger Gewichtszunahme. Die richtige Dosierung ist entscheidend. Als Faustregel gilt eine Zufuhr von maximal 8-10 Gramm Kohlenhydraten pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.

Fallstudie: Ernährungsstrategie deutscher Olympia-Athleten

Die Ernährung von Spitzensportlern wird minutiös auf ihre Bedürfnisse abgestimmt, insbesondere in der Endphase der Vorbereitung. Wie eine Analyse der Strategien für Olympia-Athleten zeigt, machen Kohlenhydrate zwar den größten Anteil der Energiezufuhr aus, aber ihre Menge wird während des Taperings angepasst. Da der Energieverbrauch in den letzten Tagen durch das reduzierte Training sinkt, muss die Kalorienzufuhr angepasst werden, um eine unerwünschte Gewichtszunahme zu vermeiden, während die Nährstoffdichte hoch bleibt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer präzisen Steuerung statt eines pauschalen „Mehr ist mehr“-Ansatzes.

Die drei kritischsten Ernährungsfehler, die es in den letzten 48 Stunden zu vermeiden gilt, sind:

  1. Experimente mit neuen Lebensmitteln: Die Regel Nummer eins lautet: Nur bewährte und gut verträgliche Nahrungsmittel essen. Die letzten zwei Tage vor dem Wettkampf sind der falsche Zeitpunkt, um einen neuen Energieriegel oder ein exotisches „Superfood“ auszuprobieren. Das Risiko einer Unverträglichkeit ist zu hoch.
  2. Vernachlässigung der Hydration und Elektrolyte: Carboloading funktioniert nur mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, da jedes Gramm Glykogen mit Wasser im Muskel gespeichert wird. Eine tägliche Trinkmenge von 35-40 ml pro Kilogramm Körpergewicht ist das Minimum. Zusätzlich sollten Elektrolyte (Natrium, Kalium) zugeführt werden, um den Mineralhaushalt stabil zu halten.
  3. Zu viele Ballaststoffe und Fette: Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, große Salate und fettreiche Speisen sollten in dieser Phase gemieden werden. Sie verlangsamen die Verdauung und können zu Magen-Darm-Problemen während des Wettkampfs führen. Der Fokus liegt auf leicht verdaulichen Kohlenhydraten wie weißem Reis, Nudeln, Kartoffeln oder Weißbrot.

Ein Bonus-Tipp betrifft die Koffein-Strategie: Ein gezielter Entzug 5-7 Tage vor dem Wettkampf kann die leistungssteigernde Wirkung einer dosierten Koffeinzufuhr am Wettkampftag selbst maximieren. Auch dies ist ein Detail, das in der Gesamtarchitektur der Betreuung geplant werden muss.

Das Wichtigste in Kürze

  • Erfolgreiche Athletenbetreuung ist eine proaktive Performance-Architektur, kein reaktiver Service.
  • Das Kernziel ist die kognitive Entlastung des Athleten, indem alle organisatorischen und logistischen Aufgaben vom Betreuerteam übernommen werden.
  • Strukturierte Prozesse in allen Phasen – von der Aufwärmzone bis zur Regeneration im „Golden Window“ – schaffen Sicherheit und minimieren Stress.

Wie Sie Ihre absolute Bestleistung exakt am Tag X punktgenau abrufen?

Die Fähigkeit, am Tag X die absolute Bestleistung abzurufen, ist die Quintessenz des Spitzensports. Sie ist das Ergebnis einer monatelangen physischen Vorbereitung, aber auch einer präzise orchestrierten mentalen Einstimmung. Hier schließt sich der Kreis der Performance-Architektur. Alle zuvor besprochenen Elemente – die Zeitplanung, die Ernährung, die störungsfreie Umgebung – münden in dem Ziel, dem Athleten den mentalen Freiraum zu geben, sich voll und ganz auf diesen einen Moment zu fokussieren. Der Schlüssel zum punktgenauen Abrufen der Leistung liegt in der Etablierung von Routinen, die dem Athleten Sicherheit geben und es ihm ermöglichen, auf „Knopfdruck“ in seinen Leistungsmodus zu schalten.

Diese Routinen sind höchst individuell, aber sie haben ein gemeinsames Ziel: Sie reduzieren die Komplexität und die unvorhersehbaren Variablen des Wettkampftages auf ein Minimum. Sie schaffen einen vertrauten Ablauf in einer oft fremden und stressigen Umgebung.

Fallstudie: Die Macht der Routine bei deutschen Spitzenathleten

Wie Experten des Deutschen Skiverbandes bestätigen, liegt der Sinn hinter jeder Art von Routine darin, dass Sportler durch feste Abläufe Sicherheit bekommen und mit Nervosität oder Ängsten besser umgehen können. Das Ziel ist es, durch das Einüben identischer Abläufe die Leistung quasi auf Kommando abrufbar zu machen. Erfolgreiche deutsche Spitzenathleten nutzen dabei sehr persönliche Rituale – von der Playlist, die sie hören, bis zur genauen Abfolge ihrer Aufwärmübungen – und entwickeln diese in enger Zusammenarbeit mit ihren Betreuern. Der Betreuer wird hier zum Hüter der Routine.

Eine der wirkungsvollsten Techniken innerhalb dieser Routinen ist die Visualisierung. Sie ist weit mehr als positives Denken. Es ist eine mentale Generalprobe des gesamten Wettkampfs.

Eine bewährte Methode der mentalen Vorbereitung ist die Visualisierung. Dabei stellen sich Sportler ihren Wettkampf in allen Details vor – von der Anreise zum Stadion über den Start bis hin zum Ziel

– EVO Fitness, Olympia-Vorbereitung: So trainieren Spitzensportler

Als Betreuer ist es Ihre Aufgabe, dem Athleten den Raum und die Ruhe für solche mentalen Techniken zu verschaffen. Sie sorgen dafür, dass die Routine nicht unterbrochen wird und alle äußeren Bedingungen so sind, wie sie im Training unzählige Male geübt wurden. Sie sind der Garant für die Konsistenz, die es dem Athleten erlaubt, sich voll auf das innere Abrufen seiner Leistung zu konzentrieren.

Um die volle Leistungsfähigkeit zu entfalten, muss der Athlet darauf vertrauen können, dass der gesamte Rahmen stimmt. Das Verständnis dafür, wie man diese punktgenaue Bestleistung am Wettkampftag ermöglicht, ist die Krönung jeder Betreuungsstrategie.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Strategien in ein systematisches Betreuungskonzept zu überführen, um die Leistungsfähigkeit Ihrer Athleten auf ein neues Level zu heben.

Geschrieben von Andreas Schmidt, Andreas Schmidt ist staatlich geprüfter Diätassistent und seit 14 Jahren als Sporternährungsberater mit Schwerpunkt Ausdauersport tätig. Als Inhaber einer Ernährungsberatungspraxis in Hamburg und zertifizierter Ernährungsberater des Deutschen Sportbundes entwickelt er leistungsorientierte Ernährungsstrategien für Triathleten, Marathonläufer und Radsportler.